Mit Karate Kid: Legends wagt sich Sony Pictures an eine Gratwanderung zwischen altbekannter Nostalgie und einem neuen Kapitel im ikonischen Kampfsport-Universum. Die gute Nachricht zuerst: Der Film überrascht positiv, auch wenn er nicht ganz ohne Schattenseiten auskommt.
Im Zentrum der Geschichte steht diesmal Li Fong, gespielt von Ben Wang, der in New York nicht nur auf neue FreundInnen trifft, sondern bald in einem echten Kampfszenario steckt. Als ihn ein Karatemeister ihn ins Visier nimmt, bleibt ihm keine andere Wahl, als sich einem prestigeträchtigen Turnier zu stellen. Unterstützung bekommt er von keinem Geringeren als Mr. Han (Jackie Chan) und der Karate-Kid-Legende Daniel LaRusso (Ralph Macchio). Zwei Generationen treffen aufeinander, mit einem gemeinsamen Ziel: eine neue Ära des Karate einzuleiten.
Obwohl Vorwissen aus Cobra Kai oder den alten Karate-Kid-Filmen nicht zwingend nötig ist, freuen sich langjährige Fans über kleine Cameos und liebevolle Anspielungen. Dabei gelingt es dem Film erstaunlich gut, alte und neue Charaktere miteinander zu verweben. Besonders Ben Wang bringt frische Energie in die Rolle des neuen Karate Kids und schafft es, den Charme und die Entschlossenheit früherer Helden auf eigene Weise weiterzutragen.
Interessant ist auch der Rollentausch zu Beginn: Statt selbst unterrichtet zu werden, bringt Li dem Vater seiner neuen Schulfreundin (gespielt von Joshua Jackson) eine wilde Mischung aus asiatischem Kampfsport und Straßenboxen bei. Ein starker Moment, in dem die jüngere Generation den Älteren etwas beibringen darf. Die Geschichte schlägt dann aber eine deutlich dramatischere Richtung ein, denn gegen den Willen seiner Mutter (Ming-Na Wen, bekannt aus Agents of Shield, Star Wars, Book of Boba Fett) kämpft Li, um das Restaurant seines Freundes und die Zukunft seiner Freundin Mia (Sadie Stanley, bekannt aus der Kim Possible Realverfilmung) zu retten. Dieser emotionale Konflikt verleiht dem Film Tiefe, auch wenn er an manchen Stellen etwas zu vorhersehbar erzählt wird. Weniger überzeugen kann der Gegenspieler Connor, dargestellt von Aramis Knight. Seine Figur bleibt blass und wirkt wie eine schwächere Kopie von Johnny aus dem Originalfilm. Hier verschenkt der Film eindeutig Potenzial.
Visuell punktet Karate Kid: Legends jedoch auf ganzer Linie. Die Kameraführung ist dynamisch und erinnert teilweise an Videospiele, was durch eingeblendete Kampfsport-Poster und visuelle Stilmittel noch unterstrichen wird. Die Kampfchoreografien sind modern, flott geschnitten und wissen trotz PG-Rating zu beeindrucken. Besonders in den finalen Turniermomenten entfaltet der Film seine volle Stärke, auch wenn man bei manchen ausgedachten Szenarien beide Augen zudrücken und akzeptieren muss, dass sich Jugendliche auf einem Hochhaus um eine Menge Geld bei einem Turnier prügeln.
Trotz der gelungenen Inszenierung stellt sich am Ende die Frage: Hätte dieser Film auch ohne die tragenden Rollen von Chan und Macchio funktioniert? Vielleicht. Denn so gelungen ihre Rückkehr ins Franchise auch ist, stiehlt sie dem Nachwuchs ein wenig die Show. Zukünftige Fortsetzungen sollten mutiger auf eigene Beine stehen und den Fokus stärker auf die neue Generation legen.
Fazit:
Karate Kid: Legends ist ein unterhaltsames Comeback mit viel Herz, überraschend modernen Ansätzen und einer ordentlichen Portion Martial-Arts-Action. Wer die alten Filme mochte, wird hier nostalgisch abgeholt, aber auch neue ZuschauerInnen bekommen genug Neues geboten. Für die nächste Runde wünschen wir uns jedoch noch mehr Eigenständigkeit und weniger Sicherheitsnetz durch vergangene Helden.
Unsere Besprechung mit dem Tele-Stammtisch könnt ihr übrigens hier nachhören!