Mit Bring Her Back melden sich die Philippou-Brüder (bekannt durch Talk To Me) mit einem neuen, düsteren Werk zurück, das sich tief unter die Haut schleicht. Kein Kinoschocker für schnelle Jumpscares, sondern ein ruhig inszeniertes, verstörendes Horrordrama, das euch durch bedrückende Stimmung und intensive Figurenzeichnung den Boden unter den Füßen wegzieht.
Im Mittelpunkt stehen der Jugendliche Andy (Billy Barratt) und seine blinde Halbschwester Piper (Sora Wong), die nach dem plötzlichen und sehr grausamen Tod ihres Vaters in die Obhut einer Pflegemutter übergeben werden. Untergebracht bei Laura (überzeugend doppeldeutig gespielt von Sally Hawkins) in einem abgelegenen Landhaus, sollen sie dort zur Ruhe kommen. Doch schon bald wird klar, dass in diesem Haus etwas nicht stimmt. Ollie (Jonah Wren Phillips), ein weiteres Pflegekind, verhält sich auffällig still und bedrohlich. Und Laura selbst scheint ebenfalls etwas zu verbergen.

Was die Geschwister nicht wissen: Laura will ihre verstorbene Tochter durch ein uraltes, dunkles Ritual wieder ins Leben zurückholen. Die Mittel, die sie dabei einsetzt, sind schockierend und ihr seid als ZuschauerInnen mitten in diesem unheilvollen Spiel aus Kindesmanipulation, Wahnsinn und übernatürlichem Grauen.
Der Film entfaltet sich langsam, beinahe unaufgeregt, doch genau das macht seine Wirkung so nachhaltig. Je länger ihr zuschaut, desto mehr spürt ihr eine stetig wachsende Beklemmung. Gerade, weil es um Kinder geht, entsteht eine permanente innere Unruhe. Was ist real? Was spielt sich nur im Kopf ab? Die Grenze verschwimmt bewusst und Bring Her Back nutzt diese Unsicherheit meisterhaft.
Billy Barratt gibt Andy eine glaubwürdige Mischung aus Verletzlichkeit und Kampfgeist, während Sora Wong als Piper mit beeindruckender Zurückhaltung überzeugt. Besonders stark sind ihre gemeinsamen Szenen, auch wenn man sich als ZuschauerIn mehr Tiefe in ihrer Geschwisterbeziehung gewünscht hätte. Die geheimen Codewörter, die sie nutzen, sind ein schönes Symbol, doch leider bleibt ihre emotionale Verbindung oft im Hintergrund. Hier hätte sich der Film mehr Zeit nehmen können, denn Andy hat immer wieder eine Ahnung, was hinter Laura wirklich steckt – während Piper sich immer mehr in ihre Fänge begibt.
Ollie, der wortlose Blickfang des Films, sorgt mit seiner Präsenz für Gänsehaut, denn Jonah Wren Phillips verkörpert ihn mit einer makabren Eindringlichkeit, die einem teilweise den Magen umdreht.
Visuell arbeitet der Film mit einer interessanten, aber nicht durchgehend konsequent eingesetzten Bildsprache. Vor allem Pipers eingeschränktes Sehvermögen wird filmisch durch Unschärfe und Lichtspiel inszeniert. In einer der stärksten Szenen des Films betritt Piper zum ersten Mal das Haus und was wir sehen, ist eine fast abstrakte Licht-Schatten-Komposition, die uns ebenfalls die Sicht nimmt. Leider wird dieses Stilmittel im weiteren Verlauf zu selten genutzt, obwohl es enormes erzählerisches Potenzial geboten hätte.
Symbolisch spielen Kreise eine wichtige Rolle im Film. Ob in der Raumgestaltung, in Zeichnungen oder Bewegungen, sie tauchen immer wieder auf und verweisen subtil auf den geschlossenen Kreislauf des Lebens und Todes, den Laura mit allen Mitteln durchbrechen will.

Horror-Fans dürfen sich auf intensive Szenen, verstörende Bilder und vor allem auf ein emotional aufgeladenes Finale freuen. Der Film erinnert in seiner Grundstruktur an Hänsel und Gretel, allerdings in einer modernen, weitaus düstereren Variante. Die Pflegefamilie wird zum Symbol für kindliche Ausgeliefertheit und Erwachsene zu Monstern, die in ihrer Trauer bereit sind, alles zu opfern.
Wirklich schade ist, dass das okkulte Hintergrundwissen rund um das Ritual und den angedeuteten Kult nur oberflächlich angedeutet wird. VHS-Kassetten und geheimnisvolle Anleitungen werfen mehr Fragen auf, als sie beantworten. Es wirkt fast so, als hätte man hier Szenen herausgeschnitten oder zurückgehalten, was angesichts des faszinierenden Weltenbaus ein Verlust ist. Das Universum hätte definitiv das Potenzial für mehr. Sally Hawkins liefert eine der besten Leistungen ihrer Karriere ab. Ihre Figur wirkt auf den ersten Blick sanft, empathisch, beinahe heilend. Doch genau das macht sie so gefährlich. Es sind oft die stillen, netten Figuren, die sich im Horror als die wahren Bedrohungen entpuppen und Laura ist eine davon.
Fazit:
Bring Her Back ist ein starker, atmosphärischer Horrorfilm, der nicht auf schnelle Effekte setzt, sondern mit Subtilität, psychologischem Tiefgang und intensiven Darstellungen überzeugt. Wer Charakter-getriebenen Slow-Burn-Horror mag, wird hier bestens bedient. Wer auf laute Schocks und eindeutige Erklärungen hofft, wird möglicherweise enttäuscht. Der wahre Horror dieses Films liegt nicht in Monstern oder Dämonen, sondern im Umgang der Erwachsenen mit kindlicher Unschuld und dem, was man aus Liebe bereit ist zu tun.
Ab 14. August 2025 nur im Kino.